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Nach der Eröffnung der Anschutz/ O2-Halle: städtische Hallen machen Verluste - Anwohner_innen sind wütend - Proteste gehen weiter!


Pressemitteilung 19.09.08

"Dank der o2-World erlebt Berlin Events, die ohne diese moderne Multifunktionsarena nicht in unsere Stadt gekommen wären: Das sagte der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, aus Anlass der heute stattfindenden feierlichen Eröffnung der Halle am Ostbahnhof" (PM der Senatskanzlei vom 10.9.08). Aber stimmt diese Behauptung wirklich, oder ist die Anschutz-Halle nicht doch eher eine direkte Konkurrenz zu den hochsubventionierten städtischen Hallen? Wir haben ein wenig recherchiert, und sind zu folgendem Ergebis gekommen:

Bis Jahresende wurden von Anschutz bislang 46 Veranstaltungen in der neuen Halle angekündigt. Davon sind 33 Veranstaltungen Sportveranstaltungen, die bislang in den städtischen Hallen Velodrom, Max-Schmelinghalle oder im Sportforum Hohenschönhausen stattgefunden haben bzw. ohne den Bau der Anschutz-Halle dort stattfinden würden. Hierzu gehören die regelmäßigen Spiele von Alba und den Eisbären genauso wie einige Spiele der Füchse, außerdem Sonderveranstaltungen wie "Night of the Jumps" oder Box- und Wrestlingveranstaltungen. Von den verbleibenden 13 Musik-Veranstaltungen - der Dalai Lama hat ja bereits abgesagt - haben lediglich 2 bei ihrer letzten Hallen-Tournee einen Bogen um Berlin gemacht. Das heißt, dass 4% der Veranstaltungen in der O2-World möglicherweise ohne diese neue Halle nicht in Berlin stattgefunden hätten.

Die Behauptung, die O2-Mehrzweckhalle zöge (in relevantem Umfang) "internationale Acts" nach Berlin, die sonst nicht in der Stadt gastieren würden, muss also zurückgewiesen werden: Derlei Fälle stellen sich vielmehr als Ausnahme, nicht als Regel dar. Dagegen werden den Veranstaltungshallen in städtischem Besitz durch das Wirken der Anschutz Entertainment massiv Einnahmen entzogen, die offensichtlich aus dem Landeshaus ausgeglichen werden müssen. Über kurz oder lang droht sogar die Schließung der einen oder anderen Halle, so wie auf eine Sanierung der (bei Künstler_innen sehr beliebten) Deutschlandhalle angesichts der Konkurrenzsituation in Berlin bereits verzichtet worden ist.

„Wir sind glücklich, den anwesenden und abwesenden Gästen der sogenannten „feierlichen Eröffnung“ der Anschutz-Halle am 10.09. den Abend komplett verhagelt zu haben“, so Jana Runge von der Gruppe Spreepirat_innen. „Wir haben deutlich gezeigt: wenn hier Investoren wie Anschutz und O2, gemeinsam mit den verantwortlichen Politiker_innen, die Hoffnung auf gigantische Gewinne feiern wollen, so haben sie die Rechnung ohne die wütenden Anwohnerinnen und Anwohner gemacht.“

Runge kündigte auch an, daß die Proteste weitergehen werden. „Schon jetzt, nach nur fünf Tagen Betrieb, sind die Anwohner_innen absolut genervt von der Halle, die schlimmsten Erwartungen, etwa in Bezug auf den massiven Durchgangsverkehr, haben sich bestätigt. Selbstverständlich werden die Proteste weitergehen – jederzeit und an jedem Ort müssen Anschutz, O2 und MediaSpree mit uns rechnen.“

„Anschutz-Geschäftsführer Kornett zeigte sich nach der in die Hose gegangen Eröffnung entsetzt über die „Gewalttätigkeit“ der Protestierenden“, so Runge. „Wenn das Werfen von Klopapier und Konfetti für den offensichtlich sehr dünnhäutigen Kornett schon Gewalt darstellt, freuen wir uns, an dieser Stelle bereits ankündigen zu können, dass „gewalttätige Proteste“ ähnlicher Art sicher zu besonderen Anlässen und hoffentlich auch in großer Anzahl weitergehen werden.“

Und nicht nur in und vor der Halle wird der Protest weitergehen: verschiedene Anwohner_innen bereiten gerade Klagen vor, um gegen die unzumutbaren, gigantischen Werbetafeln rund um die Halle juristisch vorzugehen. „Diese Verschandelung der Spreeufer zugunsten der Profite eines der reichsten Männer der Welt ist eine Frechheit“, so Silke Maier, die von ihrem Schlafzimmerfenster direkt auf eine der Werbetafeln blickt.

„Wir fordern den sofortigen Rücktritt von Bürgermeister Wowereit, Finanzsenator Sarrazin, und Wirtschaftssenator Wolf“, sagt Jana Runge. „Diese Herren sind für eine Politik verantwortlich, in deren Folge immer mehr Menschen in Berlin in Armut leben, während gleichzeitig die privaten Profite von Konzernen wie der Anschutz-Gruppe massiv subventioniert werden.“ Und, so Runge weiter, „Innensenator Körting, der dafür verantwortlich ist, dass der friedliche Protest gegen diese skandalöse Politik von Polizisten zusammengeprügelt wird, sollte auch schnellstmöglich von seinem Posten verschwinden.“

„Die Ereignisse am Tag der „feierlichen Eröffnung“ sollten zum einen allen nochmal die Augen geöffnet haben, daß die Anwohner_innen zum einen wütend sind über eine Politik ausschließlich zugunsten der Konzernprofite, wütend sind über Stadtumstrukturierung, steigende Mieten und Polizeischikanen. Aber die Menschen sind nicht nur wütend, sondern auch bereit, mit ihrer Wut auf die Straße zu gehen und dieser Wut angemessenen Ausdruck zu verleihen“, so Runge. „Deswegen werden wir unseren Protest auch nicht darauf beschränken, gegen die Anschutz-Halle vorzugehen, sondern auch verstärkt die steigenden Mieten in den an „MediaSpree“ angrenzenden Bezirken in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten rücken. Ein Punkt unserer Kritik werden hierbei etwa die sinnlosen, den Reichtum von wenigen obszön zur Schau stellenden sogenannten „CarLofts“ in der Reichenberger Straße sein.“

NO2-World – No Anschutz World! MediaSpree versenken! CarLofts begraben!

AG Spreepirat_innen beim Initiativkreis „MediaSpree versenken!“ für die Vorbereitungsgruppe der Proteste gegen die Eröffnung der Anschutz/ O2-Halle